Mit durchgezähntem Bogenrand sind gebrauchte Marken der Krone/Adler-Ausgabe, welche in senkrechter Reihenzähnung (sRZ) gezähnt wurden, bei den Werten zu 5 und 10 Pfennig nicht wirklich selten. Anders verhält es sich bei den nicht-durchgezähnten Bogenrändern der linken Schalterbögen in dieser Zähnungsart, welche bei allen Wertstufen rar sind. Die Gründe hierfür sind einfach nachzuvollziehen:

1) Zum einen wurden bei der Bogenherstellung immer zwei nebeneinanderliegende Bögen gedruckt (linker und rechter Schalterbogen). Die Zähnungsmaschine setzte an den linken Marken des linken Schalterbogens ein, weshalb nur der davor befindliche linke Bogenrand bei sRZ nie durchgezähnt ist.

2) Zum anderen wurden diese langen, gummierten Bogenränder vielfach von den Marken abgetrennt und im täglichen Schriftverkehr verwendet. Häufig gebrauchte man sie zum Verschließen von Postsendungen oder überklebte mit ihnen falsche Adressangaben, um diese leichter korrigieren zu können.

Streifen
vom Bogenrand
mit blauem
Kontrollaufdruck.

Im vorliegenden Fall fand ein solcher Bogenrand jedoch einmal eine andere Verwendung: Man benutzte ihn zur Befestigung einer Antwortkarte – offenbar war keine Doppelkarte zur Hand. Das Anliegen, welches die Firma Hartig & Co. an die Polizeiverwaltung in Dassel hatte, duldete wohl aber keinen Aufschub, weshalb der Bogenrand gerade recht kam.

Die Firma Hartig & Co. bat die Polizeiverwaltung „ganz ergebenst um gefl[issentliche] Mitteilung der Adresse des früher dort wohnhaft gewesenen Mützenfabrikanten Wilh[elm] Kramer bezw. Mitteilung, wohin sich derselbe von dort abgemeldet hat“ und dankte bereits im Voraus ergebenst für die gütige Auskunft.

Es besteht aufgrund des blauen und gut lesbaren Aufdrucks „[R]EICH“ kein Zweifel daran, dass es sich bei dem im oberen Bereich der Karte aufgeklebten Papierstreifen um den Abschnitt eines nichtdurchgezähnten Bogenrandes handelt. Dieser ist Teil eines Kontrollaufdrucks der Papierfabrik, der vollständig lautet „REICHSDRUCKEREI“ und den Besteller der Papierbögen angibt. Da Marke und Firmenstempel auf den erhalten gebliebenen Abschnitt des Bogenrandes übergehen, ist die ursprüngliche Verwendung desselben zur Befestigung einer Antwortkarte klar festzustellen.

Der Tag der Verwendung des Bogenrands war der 8. Januar 1892, weshalb es sich um einen seitlichen Bogenrandabschnitt im Randdruck II handeln dürfte. Die Breite des Abschnitts beträgt etwa 8,5 mm, was der Breite eines halben seitlichen Bogenrands entspricht. Zur Illustration des gesagten wird daher abschließend ein Eckrandstück mit Randdruck III abgebildet, das den Buchstaben „H“ des Kontrollaufdrucks der Papierfabrik zeigt.

Andreas Uhr, Hamburg
Uhrdresden[at]aol.com