Am 30. Juli 1898 sandte I. v. D. eine Ansichtspostkarte mit einer Abbildung des Schlosses von Ballenstedt an „W. Leckebusch Esq. … in Foss. Pitlochry, Scotland“. „Esq.“ wurde und wird auch heute noch in England und Irland bei höhergestellten Personen dem Namen nachgestellt und bedeutet so viel wie das deutsche „Hochwohlgeboren“. Mit der Angabe „Foss.“ ist vermutlich die „Foss Road“ in Pitlochry gemeint.

Am Ankunftsort Pitlochry im Herzen Schottlands war „W. Leckebusch“, so hat es den ersten Anschein, nicht bekannt oder nicht anwesend, denn die Karte wurde am 2. August 1898 mit einer englischen One-Penny-Marke frankiert und weitergesandt.

Nun erfolgte aber die Nachsendung von Briefsendungen innerhalb des Weltpostvereins im Wesentlichen ohne weiteres Porto. Warum wurde hier erneut freigemacht?

Antwort gibt uns die Bildseite der Karte. Im Text von I. v. D. heißt es nämlich: „Habe W.’s Adresse leider nicht; sende deshalb die Karte an Sie. …“. Dort wusste man sicher, wer gemeint war, denn es wurde die deutsche Adresse „Lindenallee, Cleve, Rheinland“ vermerkt, und die Karte ging nach Deutschland zurück, wo sie am 4.8.1898 Cleve erreichte, wie wir aus dem etwas verwackelten Ankunftsstempel ersehen können.

Um es postalisch abzuschließen: Die Karte war am 1. August 1898 zugestellt und auch angenommen worden. Ihre Weiterleitung mit neuer Adresse war daher keine Nachsendung im Sinne des Weltpostvertrages, und sie musste daher beim erneuten Versand einen Tag später natürlich neu frankiert werden.

Der Weg der Karte zum Adressaten ist sicher etwas umständlich, aber man wusste sich zu helfen.

Schloss Ballenstedt existiert übrigens noch. Es wurde nach verschiedenen Nutzungen während der DDR-Zeit ab den 1990er-Jahren wieder hergerichtet. Das im Vordergrund quer stehende Gebäude wurde im 18. Jahrhundert für die Gäste des Fürstenhauses von Anhalt-Bernburg eingerichtet. Heute beherbergt es ein Hotel, welches auf die Ausrichtung größerer Tagungen und Feiern spezialisiert ist. Die eigentliche Schlossanlage liegt etwas erhöht hinter diesem Trakt und ist nur teilweise zu sehen. Im vergangenen Mai habe ich dort an einer großen Hochzeitsfeier teilgenommen.

Manfred Wiegand, Göttingen
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