Wie unser Mitglied Manfred Schmitt bereits in Arge-Heft 56 und auf der Homepage unter dem Titel „Das Portofreiheitsgesetz von 1869 und die Bestimmungen für Militärbriefe“, veröffentlich hat, sind die Varianten der optischen Kennzeichnung für diese postgeschichtlich interessante Versendungsform erstaunlich. Mit der Markenausgabe Krone/Adler sind im Ortsverkehr zwischenzeitlich weitere Ergänzungen bekannt geworden; sie werden hier gezeigt.

Zur formlosen Erinnerung: Der militärische Postverkehr am Aufgabeort und in den Land-Bestellbezirk des Aufgabeorts ist porto- und gebührenpflichtig. Nicht frankierte Sendungen werden wie gewöhnliche Sendungen taxiert.

Der militärische Postverkehr im Ort wurde, wie im Geschäftsverkehr auch, weitestgehend von den eigenen Leuten ausgetragen. Frankierte Ortssendungen sind daher heute nicht häufig zu finden und meist nur von großen Ortschaften bekannt. Die eingangs genannte Darstellung von Manfred Schmitt zeigte das sehr schön auf.

Mit 5 Pfennig Porto frankierter Militaria-Brief vom 12. 7. 1890 von Braunschweig nach Volkmarode im Land-Bestellbezirk von Braunschweig.

Das Dorf Volkmarode ist heute als „Stadtbezirk 114″ in Braunschweig eingemeindet.

Ein eher unansehnliches Sahnehäubchen:

Ein aus einem Formular zusammengeklebter, großformatiger Briefumschlag wurde links unten als „Militaria“ gekennzeichnet und unter Einschreiben von Erfurt am 19. 10. 1895 in den eigenen Land- Bestellbezirk nach Melchendorf versendet. Das Dorf Melchendorf lag ca. 4,5 km südöstlich von Erfurt und wurde erst 1938 nach Erfurt eingemeindet. Der Brief ist unübersehbar mit einer blauen „30″ taxiert. Da militärische Post nur im Fernverkehr eine Porto- und Gebührenfreiheit besaß, wurde die unfrankierte Militaria-Sendung im Ortsverkehr als gewöhnliche Sendung taxiert: Der Ortsbrief kostete 5 Pfennig Porto, unfrankiert „das doppelte des Fehl“ und schon werden dem Empfänger 10 Pfennig berechnet. Die Gebühren wurden ohne Aufschlag eingezogen.

So ergibt sich bisher erstmalig: Ortsbrief in den Land-Bestellbezirk des Aufgabe-Postamtes, taxiert mit dem fehlenden Porto von zwei mal 5 Pfennig plus der 20 Pfennig Einschreibgebühr = 30 Pfennig.

Eine weitere Überraschung ergab die Bestimmung des Postamts „Erfurt 2″, welches laut Stempelliteratur am „Artillerieplatz“ in Erfurt lag. Dieser Platz ist heute vergessen. Niemand kannte ihn, noch waren Abbildungen erhältlich. Mit Unterstützung von Manfred Wiegand konnte letztendlich in einem Archivbestand in Berlin ein Foto aus dem Jahr 1915 gefunden werden, das jüngst von „Sottozero“ (ebay-Pseudonym) anhand der Gebäude als früherer, kleiner Platz neben dem großen Domplatz lokalisiert werden konnte.

Eine besondere Überraschung sandte mir unser Mitglied Bernd Romberg-Riemer aus Rosenheim: Ein Gestellungs-Befehl aus Leipzig vom 28. 5. 1900 an den Jäger Simon in Thekla, das im Nachbarortsbereich lag und deshalb mit 2 Pfennig korrekt frankiert war.

Frankierte „Militaria“ mit diesem Wert und dieser Markenausgabe sind schlicht „nicht häufig“. Erst nach 1903, was wahrscheinlich mit häufigeren MilitaÅNrübungen zusammenhängt, wurde diese Darstellung „häufig“.

Die gleiche Frankierung am 3. 5. 1900 nach Kleinzschocher mit dem Befehl zu einer „Vernehmung“ am nächsten Tag.

Unübersehbar:
„Zurück an den Absender“
und dick und fett
in roter Farbe: „tot“.

Das nächste Bild passt zeitlich nicht so ganz zu dieser Darstellung, könnte jedoch als Anregung zum Auffinden eines zeitlich passenden Belegs dienen.

Rohrpostbrief vom
19. 1. 1904, verschickt durch
einen Leutnant, vermutlich
von seiner Privatadresse
an seine Dienstelle, unter
Angabe einer Aktennummer.
Die Rohrpostbeförderung war
eine Gebühr und musste auch
als „Militaria“ zu dieser Zeit
bezahlt werden.
10 Jahre später
war das anders …

Rainer Linden, R.1Linden@web.de