Der Tarif von 25 Pfennig für einen einfachen eingeschriebenen Brief im Ortsverkehr und Landzustellbereich ist allen ja hinlänglich bekannt (5 Pfennig Ortsbestellgeld und 20 Pfennig Einschreibgebühr). 

Bei nachfolgend gezeigtem eingeschriebenem Brief vom 6.2.1901 an den „königlich preussischen Kultur-Minister“ von Charlottenburg nach Berlin können einem zunächst zwei Gedanken kommen:

  1. Charlottenburg  – ist doch ein Bezirk von Berlin.
  2. Ab dem 1.4.1900 wurde für Berlin das Ortsbestellgeld von 10 auf 5 Pfennig reduziert.

Dann passt hier alles und es handelt sich um ein einfaches Ortseinschreiben innerhalb Berlins, was es als Einzelfrankatur mit der Michel-Nr. 49 vom 01.04.1900 bis zum Ende der Frankaturgültigkeit der Krone-Adler-Ausgaben am 31.12.1902 so gegeben haben kann, wenn die Markenausgabe noch vorhanden war und nicht bereits mit Germania-Marken frankiert wurde.

Dies ist aber nicht der Fall, denn Charlottenburg war um die Jahrhundertwende eine eigenständige Großstadt mit fast 30.000 Einwohnern und wurde erst 1920 mit dem Groß-Berlin-Gesetz eingemeindet und somit ein Bezirk innerhalb Groß-Berlins. Hätte dann hier nicht 10 Pfennig Porto und 20 Pfennig Einschreibgebühr bezahlt werden müssen?

Nein, denn mit dem 1.4.1900 wurde der Nachbarortsverkehr im Reichspostgebiet eingeführt, womit die Ortsbrieftaxe auf Nachbarpostorte ausgeweitet wurde. Dies bezog Charlottenburg – Berlin als zugelassene Nachbarortsverbindung entsprechend ein. Somit ist der eingeschriebene Brief korrekt frankiert. In dieser Form als Einzelfrankatur der Michel-Nr. 49 sicher nicht häufig.

Sven Heise, svenheise@outlook.de