Heute soll ein Brief aus Köln, der am 5. März 1895 nach Berlin geschickt wurde, im Mittelpunkt stehen. Interessant ist dieser, da er in Berlin nicht zugestellt werden konnte und in Köln zur Ermittlung des Absenders geöffnet werden musste. Im Folgenden gilt es den postalischen Weg dieser Sendung an „Frau Boningen geb. von […]“ wohnhaft in „Berlin / Markgrafenstr.“ nachzuverfolgen.

In Berlin eingegangen, wurde der Brief verschiedenen Postämtern vorgelegt, was aus den in lila notierten Ziffern 12 und 37 hervorgeht und durch Bestellstempel auf der Rückseite bestätigt wird. Dort findet sich zudem eine Art tabellarische Übersicht, wo der Brief zur Ermittlung der Anschrift behandelt worden ist. Ausgerichtet an der Schmalseite des Briefes ist in schwarzer Tinte zu lesen: „Im 15 Kais[erlichen] P[ost]amt nicht bekannt„, was der ermittelnde Beamte mit Unterschrift bezeugte. Dieser Aussage schloss man sich in den Postämtern 14 und 13 an. Es folgt die Notiz: „Markgrafenstr. in PA 56. unbekannt.“ Ein weiterer Ermittlungsversuch beim Postamt 8 blieb ebenfalls erfolglos, welches vermerkte, Adressat „Markgrafenstr. PA 8 nicht / bekannt.“ Die Reihe der Berliner Ermittlungsversuche beschließt schließlich eine Notiz vom 8. März, welche mit dem in der Adresse angegebenen Namen Boninger beginnt, im weiteren Verlauf aber von einem in Köln aufgeklebten Benachrichtigungsaufkleber und einer Retourverschlussmarke verdeckt wird. Die Berliner Ermittlungsversuche blieben somit ohne Erfolg, was nicht zuletzt auch der in rot abgeschlagene Ovalstempel („Empfänger mit Hülfe / des / Einwohner-Meldeamts / in Berlin / nicht ermittelt“) belegt. Deshalb wurde der Brief am Nachmittag des gleichen Tages vorderseitig mit dem grünen Stempel „ZURÜCK / 8. 3. 95 N.“ versehen.

Da der Absender keine Angaben zu seiner Person vermerkt hatte, schickte man den Brief kurzer Hand nach Köln zurück, wo er aufgegeben worden war, und nun zur Ermittlung des Absenders geöffnet werden musste.

Der ermittelnde Beamte der Oberpostdirektion Köln notierte in roter Tinte mit „Habatz oder Heerbatz“ zwei mögliche Namen. Jedoch konnte er seine Angaben schon wenig später präzisieren: Er strich den ersten und unterstrich den zweiten Namen, da er eine Person mit Namen Heerbatz in der „Machabäerstr. N. 36“ ermitteln konnte. Weil noch kein Benachrichtigungsaufkleber aufgebracht worden war, von dem man sich eine belehrende Wirkung erhoffte, klebte der Kölner Postbeamte einen seiner gelben Zettel („Ohne Wohnungsangabe oder sonstige nähere Bezeichnung ist der richtige Empfänger in Cöln (Rhein) nicht zu ermitteln.„) auf und versah ihn handschriftlich mit dem Vermerk „erl[edigt].“ Anschließend verschloss er den Brief, welchen er an der Schmalseite geöffnet hatte, mit zwei blauen Retourverschlussmarken wieder, die diesen Vorgang offiziell bestätigten: „Zur Ermittlung des Absenders amtlich eröffnet durch die Kais. Ober-Postdirection Cöln (Rhein)„. Der Brief dürfte somit, fünf Tage nach seiner Aufgabe, dem Absender wieder zurückgegeben worden sein.

Andreas Uhr, Hamburg
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