Die im Folgenden zu besprechende Bildpostkarte ist am späten Vormittag des 20. Juni 1898 in Greiz aufgegeben worden und kam noch am selben Tag in Leipzig an, wo ein erster Zustellversuch erfolglos blieb. Entsprechend vermerkte der Briefträger oben links auf der Karte: „Empfänger [undeutliche Straßenangabe] ohne| Angabe N(ame) nicht bekannt| 20/6 [Unterschrift]“.

Nach dem erfolglosen Bestellgang des Briefträgers wurde die Karte im Kaiserlichen Postamt 13 in Leipzig weiter bearbeitet und mit einem sogenannten Benachrichtigungsaufkleber versehen, der den Grund für die Rücksendung der Karte benennt. Der Text lautet: „Ohne Wohnungsangabe oder| sonstige nähere Bezeichnung ist| der richtige Empfänger nicht| zu ermitteln.| Kaiserl. Postamt 13, Leipzig.“ Zudem brachte man bei der Bearbeitung der Karte einen blauen Rahmenstempel an, bei dem die Datumsangabe leider nur unvollständig abgeschlagen wurde, sodass nur der Text „ZURÜCK nach:“ lesbar ist. Es bleibt somit unklar, ob die Karte noch am 20. Juni wieder zurück nach Greiz gesandt worden ist, was aufgrund des Bestellgangs und der anschließenden Bearbeitung der unbestellbaren Sendung erst am 21. Juni erfolgt sein dürfte. In jedem Fall ist die Karte am späten Vormittag des 22. Juni 1898 wieder in Greiz eingegangen. Dies belegt der Eingangsstempel, der auf den Benachrichtigungsaufkleber übergehend abgeschlagen worden ist.

Bis hierhin handelt es sich um eine übliche Sendung, die aufgrund falscher oder fehlender Angaben an den Absender retourniert wurde, sofern sich ein Absender ermitteln ließ. Letzteres war in diesem Fall möglich, sodass die Karte dem Absender zurückgegeben werden konnte. Dieser korrigierte daraufhin die Anschrift und schrieb diese nun zudem nicht mehr mit leicht zu verwischendem Bleistift, sondern in beständigerer schwarzer Tinte. Adressierte der Absender die Karte zuerst mit Bleistift nur an „Fräulein Elisabeth Wittig“, präzisierte er seine Angaben für den erneuten Zustellversuch, für den die Karte neu frankiert werden musste. Der Absender richtete die Karte nun an „Fräulein Elisabeth Wittig| p. Adr. Frau Anna Schönlein| Leipzig| Turnerstraße“. Hierfür wurde die Karte neu frankiert, was wiederum mit einer Krone/Adler-Marke zu 5 Pfennig (Mi 46c) erfolgte, diesmal jedoch so, dass das ursprüngliche Aufgabedatum des Aufgabestempels durch das Abreißen einer Ecke der Briefmarke lesbar blieb. Diese erneute Aufgabe erfolgte wiederum in Greiz am Mittag des 23. Juni 1898. Die Karte ist noch am Abend (6-7N) desselben Tages beim Postamt 13 in Leipzig eingegangen, wie der Eingangsstempel belegt.

Der Umstand, dass ein Benachrichtigungsaufkleber durch seine Erklärung des Sachverhalts zu einer UÅNberprüfung der Adressangaben nicht nur anhielt, sondern diese auch direkt erfolgte, wäre für sich genommen Grund genug, die Karte als postgeschichtliches Kleinod zu bezeichnen. Für den Sammler von solchen Klebzetteln, wie sie Werner Daniel in seinem Handbuch „Benachrichtigungsaufkleber von der Königlich Sächsischen Post bis zur Reichspost“ im Jahr 2002 beschrieben hat, ist der Zettel zudem von Interesse, weil er ein neues Spätdatum des dort auf Seite 73 unter Nummer 136 katalogisierten Aufklebers belegt.

Sollten Sie Belege mit vergleichbaren Aufklebern der Deutschen Reichspost in Ihrer Sammlung haben, so wäre ich Ihnen für eine Zusendung von Abbildungen derselben dankbar.

Andreas Uhr
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